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a) Allgemeine Bemerkungen
Die Weißtanne ist eine wärmebedürftige Baumart mit hohem Feuchtigkeitsanspruch. Sie reagiert empfindlich gegenüber Spätfrösten und strengen Wintern. Die Nordgrenze ihres natürlichen Verbreitungsgebietes erreicht die Weißtanne in der Niederlausitz und im Thüringer Wald. Ihre Höhenverbreitung reicht in Sachsen von 200 bis 800 m, im Schwarzwald von 300 bis 1300 m und in den Nordalpen bis 1400 m ü. NN.
Die Weißtanne ist aus verschiedenen Refugien in den Schwarzwald, die Alpen und die südostdeutschen Mittelgebirge eingewandert. Die Frage der Refugialgebiete ist noch nicht ganz geklärt. Obwohl die Weißtanne in Deutschland gegenüber Vorkommen außerhalb Deutschlands und gegenüber anderen Baumarten eine geringere Variation aufweist, lassen sich aufgrund neuer, richtungsweisender Untersuchungen verschiedene Herkunftsgebiete auch genetisch gegeneinander abgrenzen.
Ihre größte Bedeutung hat die Weißtanne in den Buchen-Tannen-Wäldern Süddeutschlands. Künstliche Anbauten außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets sind selten erfolgreich gewesen. Ausnahmen sind z.B. die Anbauten im Nordseeküstenraum. Der Anteil der Weißtanne in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet hat in den vergangenen Jahrhunderten deutlich abgenommen. Sie ist beispielsweise von Wildverbiß sowie von den neuartigen Waldschäden besonders stark betroffen. Die waldbauliche Bedeutung der Baumart im Zusammenhang mit ihrem Rückgang und ihrer Empfindlichkeit gegen standörtliche Veränderungen und ungeeignete Waldbauverfahren verlangen eine sorgfältige Berücksichtigung der Herkunftsfrage.
b) Begründung für die Ausweisung der Herkunftsgebiete
01 Nordsee-Küstenraum und Rheinisch-Westfälische Bucht:
Das Herkunftsgebiet 01 ist gekennzeichnet durch ein ozeanisches Tieflandklima mit hoher Luftfeuchte, milden Wintern und geringen Frösten. Erfolgreiche Weißtannenanbauten wurden in Nord- und Ostfriesland mit westlichen Herkünften (z.B. Schwarzwald) durchgeführt. Schleswig-Holstein wurde aufgrund der Anbauten der Weißtanne in Nordfriesland (wie auch bei Fichte und Douglasie) dem Nordsee-Küstenraum zugeordnet. In der Rheinisch-Westfälischen Bucht hat die Weißtanne keine Bedeutung.
02 Nordostdeutsches Tiefland und Niedersächsisches Binnenland:
Im Herkunftsgebiet 02 herrscht ein subozeanisches Tieflandklima. Die Weißtanne wird aufgrund der gegenüber dem Nordsee-Küstenraum geringeren Luftfeuchte und der stärkeren Frostgefahr nur vereinzelt angebaut. Südosteuropäische Herkünfte haben hier höhere Wuchsleistungen gezeigt als solche aus Süddeutschland.
03 Mittel- und Ostdeutsches Tief- und Hügelland außer Niederlausitz:
Das Herkunftsgebiet 03 mit seinem subkontinentalen Tieflandklima liegt außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der Weißtanne. Die Weißtanne ist hier kaum von Bedeutung.
04 Niederlausitz:
Im Herkunftsgebiet 04 herrscht ein subkontinentales Tieflandklima. Auf grundwasserbeeinflußten Standorten kommt die Weißtanne jedoch vereinzelt vor. Sie weicht hier in Kronenform und Frosthärte (spättreibend) stark vom Nachbarvorkommen im Herkunftsgebiet 06 ab. Es scheint Hinweise auf genetische Unterschiede zu den anderen deutschen Populationen zu geben.
05 Westdeutsches Bergland und Oberrheingraben:
Im Bergland mit einem ozeanisch bis subozeanischen Berglandklima wurden vereinzelt Weißtannenanbauten vorgenommen. Mit zunehmender Höhe steigt die Frost- und Schneebruchgefahr. Im Oberrheingraben hat die Weißtanne keine Bedeutung. Einzelne autochthone Weißtannenbestände werden im Pfälzerwald vermutet und zum natürlichen Vorkommen in den Vogesen gezählt.
06 Thüringisch-Sächsisch-Nordostbayerische Mittelgebirge:
Das Herkunftsgebiet 06 ist gekennzeichnet durch ein subkontinentales Berglandklima. Die Weißtanne erreicht hier die Nordgrenze ihrer natürlichen Verbreitung und kommt überwiegend im Bergmischwald vor. Es besteht eine mit der Höhe zunehmende Frost-, Schneebruch- und Rauhfrostgefahr. Genetische Analysen ergaben innerhalb des Herkunftsgebiets 06 eine Žhnlichkeit, insbesondere jedoch eine begrenztere genetische Vielfalt. Unterschiede wurden gegenüber dem Herkunftsgebiet 07 nachgewiesen. In weiten Teilen des Gebiets ist der Anteil der Weißtanne nur noch sehr gering.
07 Bayerischer und Oberpfälzer Wald:
Das Herkunftsgebiet 07 ist gekennzeichnet durch ein subkontinentales Berglandklima. Die Weißtanne kommt von Natur aus im Bergwald vor. Es besteht eine mit der Höhe zunehmende Frost-, Schneebruch- und Rauhfrostgefahr, jedoch steigt die Weißtanne in diesem Gebiet ebenso hoch hinauf wie die Rotbuche. Die Weißtannen in den Herkunftsgebieten 07 und 06 unterscheiden sich genetisch signifikant voneinander. Gegenüber Herkünften aus dem Ostteil des Herkunftsgebiets 11 läßt sich ein solcher Unterschied nicht feststellen.
08 Schwarzwald und Albtrauf:
Das Herkunftsgebiet 08 weist ein stark topographisch differenziertes Berglandklima auf. Westlich exponierte Lagen des Schwarzwaldes und der Albtrauf sind ozeanisch geprägt mit hohen Niederschlägen und verhältnismäßig milden Wintern. Die Baar ist subkontinental getönt mit häufigen Spät- und Frühfrösten. Der West- und Südteil des Schwarzwaldes und das Neckarland sind wärmebegünstigt. Das Herkunftsgebiet 08 umfaßt das natürliche Verbreitungsgebiet der Weißtanne, zu dem neben dem Schwarzwald einzelne Randbereiche der Wuchsgebiete Neckarland, Schwäbische Alb und Oberrheinische Tiefebene gehören. Die Weißtanne aus dem Schwarzwald unterscheidet sich genetisch von der Weißtanne in den Herkunftsgebieten 07, 10, 11 und 12. Zwar weisen auch die Weißtannen im nördlichen und südlichen Schwarzwald Unterschiede auf, sie bleiben jedoch, da Unterschiede in den Anbaueigenschaften nicht bekannt sind, in einem Herkunftsgebiet zusammengefaßt. Eine vertikale genetische Variation konnte im Schwarzwald bislang nicht festgestellt werden.
09 Schwäbisch-Fränkischer Wald:
Im Herkunftsgebiet 09 werden die höchsten Niederschläge des Neckarlandes verzeichnet. Genetische und phänotypische Merkmale weisen darauf hin, daß der Schwäbisch-Fränkische Wald vermutlich ein übergangsgebiet zwischen den natürlichen Verbreitungsgebieten der Weißtanne im Westen (Schwarzwald) und der im Osten (Bayerischer Wald) darstellt.
10 übriges Süddeutschland:
Das Herkunftsgebiet 10 ist geprägt durch ein topographisch stärker differenziertes subozeanisch bis subkontinentales Berglandklima und umfaßt die süddeutschen Gebiete außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets der Weißtanne. Kleinvorkommen in Mittelfranken und auf der bayerischen Altmoräne werden jedoch zum Teil als natürlich angesehen.
11/12 Alpen und Alpenvorland:
Die Herkunftsgebiete 11 und 12 sind gekennzeichnet durch die im Alpenstau höheren Niederschläge, die nach Osten hin zunehmende Kontinentalität und die Besonderheiten des Alpenklimas. Es ist kühler als im Herkunftsgebiet 10. Die Weißtanne aus den Herkunftsgebieten 11 und 12 weisen genetische Unterschiede zur Schwarzwaldtanne auf. Innerhalb des Gebietes bestehen genetische Unterschiede zwischen Beständen der Berchtesgadener Kalkalpen auf der einen Seite, die den Beständen im Herkunftsgebiet 07 genetisch ähnlich sind, und Beständen im Allgäu und dem Ammergebirge auf der anderen Seite, die mit unterschiedlichen Rückwanderungswegen nach der Eiszeit erklärt werden. Im Bereich des Inn scheint es zur Vermischung beider Populationen gekommen zu sein. Die verschiedenen Populationen bleiben jedoch, da Unterschiede in den Anbaueigenschaften nicht bekannt sind, zur Vereinfachung in einem Herkunftsgebiet zusammengefaßt. Isoenzym-Untersuchungen haben eine klinale Verteilung der genetischen Muster mit zunehmender Höhe aufgezeigt, die die bisherige Abgrenzung in zwei nach der Höhenlage getrennte Herkunftsgebiete bestätigt.
11: Die submontane Stufe umfaßt die unteren Lagen der Alpen (bis 900 m) sowie das Gebiet der Jungmoräne, in dem es regional natürliche Weißtannenvorkommen gibt.
12: Die montane bis obermontane Stufe der Alpen (über 900 m) wurde aufgrund der großen Unterschiede in den ökologischen Gegebenheiten zwischen den Höhenstufen und aufgrund genetischer Analysen gegenüber dem Herkunftsgebiet 11 abgegrenzt.